Schlußspiele und Partien zum Freibauer

Weiß (siehe Diagramm 64) war am Zuge und brachte ein Qualitätsopfer, dessen Idee bei aller Langzügigkeit der Kombination (man verzeihe mir diesen etwas merkwürdig klingenden Ausdruck) doch nicht anders in Worte zu fassen ist, als indem wir sagen: der weiße König strebt nach der Idealstellung (Frontalangriff gegen einen isolierten Bauern), siehe Abschnitt 5. Es gelingt mir den versteckt liegenden Plan durchzuführen (obwohl dieser zu widerlegen war), da Rubinstein insofern gehandicapt erschien, als er mit den mir so wohlbekannten Postulaten meines Systems nicht ganz vertraut war. Ich kenne übrigens kein anderes Endspiel, in welchem eben näher präzisiertes Streben nach der „königlichen Idealstellung“ schärfer betont würde, als in dem nun vorzuführenden.

Diagramm 64

Ein lehrreiches Endspiel! Wie heiß, wie „glühend“ war hier das königliche Streben nach besagtem Frontalangriff! Warum? Nun weil dieses Streben eine dem innersten Wesen des Königs adäquaten Wunsche entspricht. (Außerdem aber auch der Blockade-Regel entspricht.)

Das zweite Beispiel zeigt die Umgehung an einem einfachen Beispiel. Siehe Diagramm 65.

Diagramm 65

Beispiel 3 illustriert die ablenkende Wirkung des entfernteren Freibauern.

Diagramm 66

Beispiel 4 ist für die Art der Bewegung der verbundenen Bauern bezeichnend (siehe Abschnitt 6).

Diagramm 67

Beispiel 5 zeigt, wie stürmisch ein Freibauer werden kann. Man sieht ihm das Temperament sonst nicht an, aber wir kennen ja seine Expansionslust. Das nachfolgende Exempel wird uns daher nicht überraschen.

Siehe Diagramm 68.

Diagramm 68

Beispiel 6 (Diagramm 69) ist für die Elastizität des Blockeurs charakteristisch. Es handelt sich hierbei um ein bereits in der „Blockade“ gebrachtes Endspiel. Wir wollen daher nur das Wichtigste hervorheben. Weiß will in der f-Linie spielen, also etwa 1.Kg3, 2.Tf1. Die Einbruchspunkte (f6) will er sich dann durch das Vorrücken des h-Bauern schaffen (h2-h4-h5-h6) und aus diesem Grunde ist die Anwesenheit des weißen Königs am Königsflügel erforderlich. Trotzdem aber, wie gesagt, die f-Linie das ganze Spiel beherrscht, fand Weiß den Mut dazu, dem f-Impulse zu widerstehen, er zog in Seelenruhe 1. Ta2-a5 , und erst dadurch nahm er den Kampf in der f-Linie auf. Die Blockade 1. Ta2-a5 ist hier möglich, weil der Blockeur elastisch ist, d.h. er kann auf Eilmärschen nach dem Königsflügel expediert werden.

Diagramm 69

Mit obenstehendem Beispiel sind wir plötzlich unter die „Blockeure“ geraten. Halten wir uns nun ein wenig in dieser etwas gemischten Gesellschaft auf. Zunächst will ich Ihnen einen Blockeur vorführen, der sich seiner zahlreichen Verpflichtungen (ein Blockeur soll wie wir wissen a) blockieren, b) drohen und c) elastisch sein [Morgengymnastik empfehlenswert!]) in geradezu vorbildlicher Weise entledigt. Er entfaltet aber auch einen Fleiß, ja, er entwickelt einen wahren Hunger nach Arbeitsleistung. Man sehe und staune! (Hier wird der „wohlmeinende“ Kritiker einhaken und etwas von Selbstlob säuseln. Es ist aber einleuchtend, daß ich nicht meine eigene Partieführung, wohl aber die Leistung des Blockeurs bewundere, die ich von meiner Leistung gewissermaßen abstrahiere. Aber was kauft sich der mittelmäßig begabte Kritiker dafür, was ist ihm „abstrahieren“?! Seine Welt regiert der Neid, und von dem läßt sich nur schwer abstrahieren.)

Partie 12

Und nun zum Schluß (denn sonst könnte die „Expansionslust des Freibauern“ dem ganzen Buche gefährlich werden!) ein Gegenstück zu obiger Partie.

Partie 13

Uns interessiert vor allem die Rolle, die der Sf4 gespielt hat. Als Blockeur war er stark postiert und trefflich sekundiert (durch Lh2). Auch wirkte er lähmend auf Lg7, Th6 etc. Ferner war die „Drohwirkung“ beträchtlich, nämlich nach d5 und e6 hin. (Die Beweglichkeit des Be6 bildet ein pikantes Gegenstück zur Unbeweglichkeit des f5.) Und schließlich erwies sich auch die Elastizität als bedeutend, denn der Springer durfte ruhig auf Reisen gehen und sich von Lf4 vertreten lassen.

Und nun noch ein Schema und das Kapitel vom Freibauern ist abgeschlossen.