Einleitung und Allgemeines. Die typische Disproportion
Es ist eine bekannte Erscheinung, daß derselbe Amateur, der das Mittelspiel ganz hübsch zu führen vermag, im Endspiel recht hilflos zu sein pflegt. Diese eben hervorgehobene Disproportion stellt der alten Schachpädagogik ein wenig rühmliches Zeugnis aus. Eines der Haupterfordernisse guten Schachs ist eine gleichmäßig gute Behandlung von Mittelspiel und Endspiel. Gewiß liegt es in der Natur der Dinge, daß der Lernende zuerst über Eröffnung und Mittelspiel Erfahrungen sammelt, aber dieses Übel (denn ein solches ist es) muß so bald als möglich ausgeglichen werden. Man mache den Anfänger von vornherein darauf aufmerksam, daß das Endspiel keineswegs nur öde Überreste vom reichbesetzten Mittelspieltisch serviere. Das Endspiel ist vielmehr der Teil der Partie, in dem die im Mittelspiel geschaffenen Vorteile auf systematische Weise realisiert werden sollen. Nun ist aber das Realisieren von Vorteilen, namentlich gilt dies für Vorteile materieller Art, keineswegs eine Beschäftigung „untergeordneter“ Art. Im Gegenteil: der ganze Mann, der ganze Künstler gehört dazu! Um zu wissen, was im Endspiel vorgehe und um es liebgewinnen zu können, muß man das Endspiel aus dessen Elementen heraus kennen lernen, denn Elemente hat das Endspiel, genau wie das Mittelspiel, auch. Das eine Element, den Freibauern, haben wir bereits gründlich analysiert, es verbleiben demnach
- Zentralisierung nebst Unterabteilung: „Führung des Königs bzw. Versteck und Brückenbau“.
- Die aggressive Turmstellung und der aktive Offizier im Allgemeinen.
- Das Zusammenschweißen isolierter Truppenteile.
- „Das Ganze voran“ und zum Schluß
- die schon früher einmal angedeutete „Materialisierung von Linien“ (so zu verstehen, daß die Linie, die zunächst etwas „abstrakt“ wirke, sich in einen greifbaren Punkt [gedeckt durch einen Bauern] umwandle resp. greifbare Gestalt gewänne).
Endspiel ist sehr interessant, in sich selbst, ganz ohne Rinck oder Troitzky.