6.2 Die „elastische“ Eröffnungsbehandlung
(Übergang aus einer Eröffnung in die andere)
Partien 80 - 83
Dieses seinerzeit vom Verfasser eingeführte Stratagem galt den Neunmalweisen der Tarrasch-Zeit als Dekadenz-Produkt. Beispielsweise behauptete Therkatz (ein Schachfreund, der schwach genug spielte, um eine größere Schachrubrik leiten zu können), daß das Maskieren der Eröffnungspläne „Mangel an Mut“ beweise! — In Wirklichkeit handelt es sich natürlich nur um ein Übertragen des Lavierungsprinzips auf das Gebiet der Eröffnung. Obgleich schon 1907, 1910 und 1911 mehrfach angewandt (vergleiche die Nr. 4, 53 und 19 dieses Buches), dürfte vorliegendes Stratagem immer noch genügend an Neuland enthalten. Wenig bekannt geworden ist beispielsweise folgende vom Verfasser versuchte Methode.
I. Weiß: Grünfeld, Breslau 1925:
II. Weiß: Grünfeld, Semmering 1926:
Untersucht man oben angeführte Beispiele auf ihren strategischen Inhalt hin, so gelangt man zur Erkenntnis, daß die notwendigen Bestandteile des Lavierungsspiels, nämlich die „zwei Schwächen“ und die „Achse“, sehr wohl vorhanden waren. Die Zentraldrohung Lb7 entsprach hier der einen, das Eventualspiel gegen Bc4 der anderen Schwäche. Als Lavierungsachse fungierte der „weiße“ Felderkomplex von c4 und d5 bis nach a6 und b7 hin.
Als Illustration zu dem uns hier interessierenden Stratagem bringen wir die Partien Nr. 80 bis 83, die allesamt eine vor sich gegangene Verschmelzung der „Indischen“ und „Holländischen“ Eröffnungen zeigen. Man beachte, daß diese Verschmelzung sich nicht nur auf die Eröffnungsphase beschränkt, sie umfaßt vielmehr auch allerlei Mittelspielmotive. Das Indisch - Holländische Bündnis (Stammpartie Bernstein — Nimzowitsch, St. Petersburg 1914) war seinerzeit das erste dieser Art und bildete so gewissermaßen das Tor für die neue Spielmethodik.