Hamburg 1910 // 17. Kongreß des DSB (Meisterturnier)

16. Juli bis 6. August 1910
  1234567891011121314151617Punkte
1 Schlechter, Carl 0 1 ½ ½ ½ 1 1 ½ 1 1 1 ½ 1 ½ ½ 1 11½
2 Duras, Oldrich 1 1 ½ 1 ½ ½ 1 ½ 0 ½ 1 1 1 0 ½ 1 11
3 Nimzowitsch, Aaron 0 0 1 ½ 1 ½ ½ 1 1 1 ½ 0 ½ 1 1 1 10½
4 Spielmann, Rudolf ½ ½ 0 ½ 0 ½ ½ 1 1 0 1 1 ½ 1 1 1 10
5 Teichmann, Richard ½ 0 ½ ½ 1 1 ½ 0 ½ ½ ½ 1 ½ ½ 1 1
  Marshall, Frank James ½ ½ 0 1 0 0 ½ 1 ½ ½ 0 1 1 1 1 1
7 Dus Chotimirsky, Fjodor 0 ½ ½ ½ 0 1 ½ 0 1 1 0 ½ 0 1 1 1
  Aljechin,Alexander 0 0 ½ ½ ½ ½ ½ 0 0 1 1 ½ ½ 1 1 1
9 Tarrasch, Siegbert ½ ½ 0 0 1 0 1 1 ½ 0 ½ ½ ½ 1 1 0 8
  Fleischmann, Leo 0 1 0 0 ½ ½ 0 1 ½ ½ ½ ½ 1 1 ½ ½ 8
11 Leonhardt, Paul Saladin 0 ½ 0 1 ½ ½ 0 0 1 ½ 1 1 0 0 0 1 7
12 Tartakower, Savielly 0 0 ½ 0 ½ 1 1 0 ½ ½ 0 0 1 1 ½ ½ 7
13 Salwe, Georg ½ 0 1 0 0 0 ½ ½ ½ ½ 0 1 ½ 0 1 1 7
14 Köhnlein, Friedrich 0 0 ½ ½ ½ 0 1 ½ ½ 0 1 0 ½ 1 0 1 7
15 Speijer, Abraham ½ 1 0 0 ½ 0 0 0 0 0 1 0 1 0 1 ½
16 John, Walter ½ ½ 0 0 0 0 0 0 0 ½ 1 ½ 0 1 0 1 5
17 Yates, Frederick 0 0 0 0 0 0 0 0 1 ½ 0 ½ 0 0 ½ 0
Runde Datum Weiß Erg. Schwarz Partienotation
1 18.07.1910 Köhnlein, Friedrich ½-½ Nimzowitsch, Aaron 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Nc3 dxe4 … Partie nachspielen
2 19.07.1910 Nimzowitsch, Aaron ½-½ Dus Chotimirsky, Fjodor 1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.d4 exd4 … Partie nachspielen
3 20.07.1910 Leonhardt, Paul Saladin 0-1 Nimzowitsch, Aaron 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Nc3 dxe4 … Partie nachspielen
4 21.07.1910 Nimzowitsch, Aaron 1-0 Spielmann, Rudolf 1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.d4 exd4 … Partie nachspielen#2
5 22.07.1910 Duras, Oldrich 1-0 Nimzowitsch, Aaron 1.e4 d6 2.d4 Nf6 3.Nc3 Nbd7 … Partie nachspielen
6 23.07.1910 Tarrasch, Siegbert 0-1 Nimzowitsch, Aaron 1.d4 d5 2.Nf3 e6 3.c4 c5 4.e3 … Partie nachspielen#2
7 25.07.1910 Nimzowitsch, Aaron ½-½ Teichmann, Richard 1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.d4 exd4 … Partie nachspielen
8 26.07.1910 John, Walter 0-1 Nimzowitsch, Aaron 1.d4 d5 2.Nf3 e6 3.e3 c5 4.b3 … Partie nachspielen#2
9 27.07.1910 Nimzowitsch, Aaron ½-½ Aljechin, Alexander 1.d4 e6 2.Nf3 f5 3.e3 Nf6 … Partie nachspielen
10 29.07.1910 Yates, Frederick 0-1 Nimzowitsch, Aaron 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Nc3 dxe4 … Partie nachspielen
11 30.07.1910 Nimzowitsch, Aaron 1-0 Fleischmann, Leo 1.e4 e6 2.d3 c5 3.Nf3 Nc6 … Partie nachspielen
12 01.08.1910 Tartakower, Savielly ½-½ Nimzowitsch, Aaron 1.e4 e5 2.Nc3 Bc5 3.Bc4 Nf6 … Partie nachspielen
13 02.08.1910 Nimzowitsch, Aaron 1-0 Marshall, Frank James 1.d4 d5 2.Nf3 c5 3.c4 cxd4 … Partie nachspielen#2
14 03.08.1910 Salwe, Georg 1-0 Nimzowitsch, Aaron 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Nc3 c5 4.e3 … Partie nachspielen
15 04.08.1910 Nimzowitsch, Aaron 0-1 Schlechter, Carl 1.c4 e5 2.g3 Nf6 3.Bg2 Be7 … Partie nachspielen#2
17 06.08.1910 Nimzowitsch, Aaron 1-0 Speijer, Abraham 1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.d3 Nf6 … Partie nachspielen

Ausbeute

  • Preisgeld: 1.000 Mark
    [entspricht ca. 6.000 €, Stand 2021]

Quelle: Wiener Schachzeitung Jahrgang 1910 Seite 336

Zugabe

Gruppenbild vom 17. Kongreß des DSB

Wird dieses Tschechen [gemeint ist Duras; W.K.] sonstige Natur als sehr sympathisch empfunden, so kann ein gleiches von dem dritten Preisträger, dem Russen A. Niemzowitsch kaum behauptet werden, der im Gegenteil recht ungeschlachte*) Manieren zur Schau trägt. Er ist sicher ein ebense starker wie origineller Spieler, doch ist seinem Spiel wie seinem Wesen eine gewisse Bizarrerie und Donquichotterie zu eigen, die seinen Erfolg als Mensch und Meister beeinträchtigen. Da er den Vorzug der Jugend hat, wird sich sein Wein noch klären. Jedenfalls ist sein Spieltyp hochinteressant: Im Angriff außerordentlich gefährlich und erfindungsreich, gewagte Verwicklungen liebend, die, wenn sie nicht durchdringen, seiner äußerst geistreichen Erfindungsgabe doch immer noch die vorhandenen Geheimtüren und Schlupflöcher offenbar werden lassen, ist der Rigaer Meister zweifellos ein Vollblutkünstler ersten Ranges. Gleich zu Anfang seiner Laufbahn, im Ostender Turnier 1907, hatte er einen bedeutenden Erfolg, indem er den dritten und vierten Preis teilte. Sein Spiel verriet schon damals eine außergewöhnliche Begabung; auch die Originalität seiner Ideen war für einen so jungen Spieler auffallend zu nennen, die sonst zunächst nach bewährten Mustern zu arbeiten und zur persönlichen Note erst langsam sich durchzumausern pflegen. Ebensowenig findet man bei Spielern seines Alters in so hohem Maße die Fähigkeit, den Gegner individuell zu behandeln. Sein Angriffsspiel ist prickelnd und voller Feinheiten, verbunden mit großem Kombinationsreichtum, wie er z. B. in der gegen Spielmann glänzend gewonnenen Partie bewiesen hat. Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß ihn sein ungezügeltes Temperament, wie so häufig bei solchen noch im Werdeprozeß befindlichen Spielern, bisweilen fortreißt und ihn in Stellungen, die durch langsames, ruhiges Ausnutzen der Überlegenheit zu gewinnen wären, auf Abwege geraten läßt, indem er den Gegner schnell zu überrennen hofft, wo dessen Stellung zum „Stürmen“ doch noch zu fest war, so Schlechter gegenüber. Überhaupt diese jungen Russen (außer ihm noch Alechine, Chotimirski, Tartakower) - alles feinnervige, ja nervöse Erscheinungen. Kein Zweifel: Rußland bringt hervorragende schachkünstlerische Intelligenzen hervor. Kenner sind sie alle, gespickt mit allen Finessen des Spiels.
[...]
Niemzowitsch ist ein überaus verschlagener Spieler voll Unternehmungsgeist, der sich aber, wofern er sich zu einem in Deutschland gern gesehenen Gaste auswachsen will, vor allem sein affektirtes, theatralisches Gebaren beim Spiel abgewöhnen müßte. Ergötzlich schilderte eine englische Zeitung sein Benehmen gleich am ersten Turniertage, wo er mit Köhnlein zusammentraf, wie folgt: „Köhnlein zog 1. e2—e4. Niemzowitsch blickte diesen Bauer 1 oder 2 Minuten scharf an, sodann starrte er geraume Zeit gegen die Zimmerdecke, hierauf auf seine Hände, wobei er augenscheinlich zählte, wie viele Finger er an jeder Hand habe. Als er mit Genugtuung herausgefunden hatte, daß keiner fehlte, erhob er sich vom Stuhl und studirte die Gemälde im Raum. Alsdann begab er sich wieder zu seinem Sitz, wo er ein rotes Blatt zur Hand nahm, das den Gebrauch der neuen deutschen Kontrolluhren erläuterte. Dies las er aufmerksam durch und studirte, ob der Mechanismus der Uhr klar genug beschrieben war. Noch war kein Gegenzug gemacht. Ein Zuschauer frug mich nach der Erklärung, was dies heißen solle; ich tröstete ihn, er solle nicht ängstlich sein, Niemzowitsch werde schon 1. ... c7—c6 spielen. Kurz danach teilte mir der Betreffende mit, daß tatsächlich 1. ... c7—c6 erfolgt sei.“

*) Man darf bei diesem harten Worte nur nicht gleich übles denken. Niemzowitsch hat nur ein stark prononcirtes Selbstgefühl, das ist aber auch alles. G. M.

Nachschlag