2.3 Hemmung einer qualitativen Mehrheit (insbesondere einer Kettenmehrheit)

Partie 29 - 30

Wir beginnen mit einer Erklärung, die den Begriff der qualitativen Mehrheit klarlegen soll. Eine Mehrheit — so schrieb ich in meiner Abhandlung „Die Blockade“ — eine Mehrheit, also etwa drei Bauern gegen zwei, soll natürlich gehemmt werden; als Mehrheit in diesem Sinne müssen indes auch Stellungen angesprochen werden, in denen das Bauernübergewicht auf dem einen Flügel ideeller Natur ist. In meiner Partie gegen Bernstein in Karlsbad 1923 (ich hatte die weißen Steine) kam es nach den Zügen

Soweit meine Ausführungen in der „Blockade“. Daran möchten wir noch die Bemerkung knüpfen, daß die Überlegenheit des Bauern e4 über seinen Antagonisten e3 namentlich in dem Umstände begründet ist, daß Be3 auf dem Wege nach dem Zentrum hin blockiert wurde (für einen Mittelbauer eine schmerzliche Angelegenheit!), während Be4 das Zentrum doch immerhin überschritten hat. Die im Falle einer qualitativen Mehrheit anzuwendende Hemmungsstrategie trat in unseren Nr. 13 und 27 so deutlich in die Erscheinung, daß wir uns füglich mit einem empfehlenden Hinweis auf sie begnügen zu dürfen glauben. Dagegen verlangt unser pädagogisches Gewissen von uns ein Eingehen auf das bisher noch nicht näher erörterte Stratagem „Königsflucht als Palliativmittel“. — Nachfolgend skizzierte Kampfsituation wäre als typisch zu bezeichnen: eine qualitative Mehrheit, die sich langsam heran wälzt, involviert die Zertrümmerung der feindlichen Bauernkette. Diese Zertrümmerung hätte aber auch eine Bloßlegung des Königs im Gefolge, wäre also für den Gegner doppelt unangenehm. Das Palliativmittel besteht nun darin, daß man die sich heranwälzende qualitative Mehrheit so lange zu hemmen sucht, bis der eigene König geflüchtet ist; der Angriff wird also nicht verhindert, sondern nur in seiner Wirkung abgeschwächt. In unseren Nr. 29 und 30 wird der geschilderte Vorgang deutlich veranschaulicht.