2. Die revolutionären Thesen

  1. Das „elastische“ Zentrum,
  2. Die Ungefährlichkeit der Bauernwalze,
  3. Die Schwäche eines Felderkomplexes von bestimmter Farbe.

Wenn man vorstehenden Artikel „Entspricht usw.“ näher untersucht, so wird man finden, daß er sich vor allem gegen die arithmetische Auffassung des Zentrums wendet. Maßgebend ist nur der größere oder geringere Grad der Beweglichkeit, den das gegnerische mobile Zentrum besitzt: gehemmt - ist es schwach; blockiert - halb verloren!

Der Artikel (und noch mehr ein in der „Wienerin“ unter dem Titel „Mein System“ gebrachter) bekämpft auch die formalistische Auffassung der Elemente, wie rückständiger Bauer, Angriffsmarke usw., es kommt immer nur auf den „inneren Wert“ der Stellung an (gegeben durch das jeweilige Bauernskelett), nicht aber auf freieres Spiel und ähnliche „formale“ Dinge mehr. In dem Artikel „Entspricht usw.“ wird auch darauf hingewiesen, daß es häufig sehr lohnend ist, gegen einen geschwächten gegnerischen Felderkomplex von bestimmter Farbe zu agieren. Ganz neu mutet auch die Idee an, daß eine lückenlos durchgeführte Blockierung ein Bauernopfer verträgt (bis dahin kannte man nur die logische Zusammengehörigkeit zwischen „Opfer“ und „Angriff“, nicht aber die zwischen „Opfer“ und „Blockade“).

Wenn wir fernerhin erwägen wollen, daß die „relative Ungefährlichkeit“ der Bauernwalze schon im Jahre 1911 (Stammpartie Spielmann-Nimzowitsch, San Sebastian 1911) erkannt worden ist, so sind wir damit bereits in der angenehmen Lage, alle integrierenden Bestandteile der späterhin als hypermodern bezeichneten Schule erfaßt zu haben.

Die an und für sich sehr geistreiche Idee Rétis, daß schon die „Entwicklung“ Kampfpläne enthalten muß, ist zwar richtig, bildet aber keinen integrierenden Bestandteil der hypermodernen Richtung; das haben die Klassiker auch schon gekonnt. Desgleichen müssen wir leider einen scharfsinnigen Versuch Tartakowers ablehnen, der das „Neue“ in der „Variabilität der Schwächen“ erblicken möchte. („Auch eine feindliche Stärke kann man als Schwäche behandeln.“) Wir werden späterhin sehen, daß diese Auffassung auf einer gewissen Nichtbeachtung des Begriffes „Reflexschwäche“ beruht.